Am Montag beginnt in München die bauma. Klaus Dittrich, Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München GmbH gibt Auskunft über das bevorstehende Grossereignis. Weitere Themen: Das Engagement der Messe München in Russland, der starke Franken, die Aufhebung der Sanktionen im Iran sowie die weiterhin wachsenden Chancen für die Bauwirtschaft und somit für die Baumaschinenindustrie. (Das Interview führte Robert Schütz in München)
Schütz:
Nach dem grossartigen Ergebnis der bauma 2013 erwarten Sie in diesem Jahr einen weiteren Anstieg an Besuchern und Ausstellern. Ist 2016 auf Grund wirtschaftlicher oder politischer Entwicklungen mit einer Verschiebung der Aussteller- bzw. Besucherstruktur zu rechnen?
Dittrich:
Eine leichte Veränderung ist bei den chinesischen Ausstellern zu verzeichnen. Einige haben ihre Fläche verkleinert, was sicher auch mit dem rückläufigen Wachstum in China zusammenhängt. Gleichzeitig ist die Anzahl der Aussteller aus China von 350 auf über 375 Aussteller gewachsen.
Schütz:
Aus Russland wurden sogar Umsatzrückgänge von bis zu 75 Prozent in der Baumaschinenindustrie gemeldet. Was bedeutet dies für die bauma 2016?
Dittrich:
Russland war nie mit vielen Ausstellern vertreten und gilt sicher auch nicht als Herstellerland für Baumaschinen, dafür als starkes Besucherland. Hinzufügen muss man leider, dass die Absatzsituation in Russland nach wie vor schwierig ist. Wir schätzen jedoch, dass die Sanktionen lediglich für zehn Prozent des Umsatzeinbruchs in der Branche verantwortlich sind, der Rest ist auf strukturelle Probleme sowie die niedrigen Rohstoffpreise zurückzuführen. Andererseits bietet Russland ein ungeheures Potential für die Baumaschinenindustrie durch die geplanten großen Infrastrukturmassnahmen. Allein in Moskau sind in den nächsten Jahren zusätzliche U-Bahnlinien von ca. 60 Kilometern geplant. Hinzu kommen die entsprechenden U-Bahnhöfe.
Schütz:
Sie haben sich im letzten Jahr besonders mit dem Russischen Markt beschäftigt und daraufhin die CTT EXPO Moskau, die grösste Messe Russlands, übernommen. Hierfür haben Sie einen zweistelligen Millionenbetrag investiert. War der Zeitpunkt jetzt besonders günstig, in einer für Russland schwierigen Phase?
Dittrich:
Wir haben die CTT EXPO Moskau jetzt gekauft, da uns der Zeitpunkt günstig schien. Sie können sich vorstellen, dass in der Krise die Preise günstiger sind als in Boomzeiten, d.h. wir haben die Veranstaltung jetzt zu einem akzeptablen Preis erhalten können. Und die CTT EXPO Moskau arbeitet selbst in der Wirtschaftskrise profitabel. Das war ebenfalls ein wichtiges Kriterium für die Kaufentscheidung zum jetzigen Zeitpunkt.
Schütz:
Alexey Striganov, der Besitzer von Media Globe ist ebenfalls noch mit beteiligt?
Dittrich:
Ja, das war uns wichtig, dass er, wenn auch nur mit einem einstelligen Prozentanteil, mit im Boot bleibt. Er ist ein Privatmann, der diese und andere Messen in den letzten 15 Jahren in Russland erfolgreich mit aufgebaut hat und auch sehr gut vernetzt ist im russischen Markt.
Schütz:
Was waren weitere strategische bzw. wirtschaftliche Überlegungen bei diesem Zukauf?
Dittrich:
Wir sind sicher, sobald sich die Wirtschaft und der Rubel wieder positiv entwickeln, wird uns diese Messe noch viel Freude machen. Und wir haben mit unserer neuen Tochtergesellschaft jetzt eine Basis um weitere Themen im russischen Markt zu etablieren. Denn die Baumaschinenbranche ist nicht die einzige Branche, die wir im russischen Markt adressieren wollen.
Schütz:
Wie sehen Sie die wirtschaftliche Situation Russlands? Ist für Sie Russland noch immer ein BRIC Staat?
Dittrich:
Russland ist sicher noch ein BRICS Staat. Die Hoffnungen, die man in die BRICS Staaten hatte, sind in den letzten drei Jahren etwas nüchterner geworden. Brasilien ist nicht mehr so einfach, Indien kommt nicht so richtig in Fahrt. Und Russland befindet sich derzeit in einer richtig schweren Krise. Doch sind das alles grosse Volkswirtschaften. Wir treffen solche Entscheidungen auch nicht kurzfristig, sondern wenn wir einsteigen, dann denken wir hier in 20 bis 30 Jahren-Kategorien. Und da sind wir fest davon überzeugt, dass Russland hier ein Potential hat, natürlich vor allem auf Grund der Grösse des Landes und dem Bedarf an Investitionen. Wir hatten auch politische Gespräche am Rande der Verhandlungen, dabei wurde klar: Die grosse Devise in Russland ist natürlich im Moment auch die Importsubstitution. Man will eigene Wertschöpfung im Lande schaffen, um nicht so abhängig zu bleiben von Importen. Also da wird sich eine Menge tun in Russland, wenn die politischen Fragen erst mal gelöst sind. Ich bin sicher in zwei bis drei Jahren wird hier eine deutliche Verbesserung festzustellen sein.
Schütz:
Bei uns in der Schweiz sind die Zusammenhänge von Aussenhandel und Währungspolitik seit der Aufhebung des Mindestkurses gegenüber dem Euro am 15. Januar letzten Jahres ein kontrovers diskutiertes Thema. Frage: Profitiert der deutsche Baumaschinenmarkt von dieser Währungsentscheidung?
Dittrich:
Konkrete Zahlen hierfür haben wir noch nicht. Ich vermute jedoch: Ja! Man sieht es ja in allen Wirtschaftsbereichen, dass die Schweizer im Ausland günstiger einkaufen. Alle ausserhalb der Schweiz profitieren davon. Wir rechnen dieses Jahr mit etwas mehr als 40 Ausstellern aus der Schweiz, also etwa genauso viele wie vor drei Jahren Ähnlich gute Ergebnisse erwarten wir auch bei den Besuchern: Zur bauma 2013 hatten wir fast 23.000 Besucher aus der Schweiz hier nach München. Da dieser Anteil über die vergangenen Veranstaltungen betrachtet aber kontinuierlich gestiegen ist, rechnen wir auch für die bauma 2016 mit einer nochmaligen Steigerung dieser ohne dies schon beeindruckenden Zahl.
Schütz
Ein Engagement als Messeranbieter, auch nur im Rahmen einer Beteiligung in der Schweiz steht, so vermute ich, nicht auf der Agenda?
Dittrich:
Ganz sicher nicht. Normalerweise machen wir im Umfeld einer Tagesreise um München keine eigenen Messen. Weil wir damit Gefahr laufen unsere eigenen Messen zu kannibalisieren. Warum sollten wir uns für eine Schweizer Baumaschinenmesse engagieren, wenn jeder Schweizer nach nur wenigen Stunden Anreise, hier in München ein viel breiteres und tieferes Angebot vorfindet? Viel lieber gehen wir in Märkte wie China, Indien, südliches Afrika, in Märkte also mit einer eigenen Strahlkraft. Die Schweiz ist uns für ein wirtschaftliches Engagement als Messeanbieter schlichtweg zu nah.
Schütz:
Wir kommen nochmals kurz zur Aussenpolitik: In der zweiten Januarwoche wurden im Iran die Sanktionen aufgehoben. Welche Bedeutung hat das für die Messe München GmbH, die sich ja bereits seit den sechziger Jahren im Iran wirtschaftlich engagiert?
Dittrich:
Das ist richtig: Unsere Tochtergesellschaft IMAG, unsere Auslandsmessegesellschaft ist seit 1960 in Iran unterwegs. Wir verfügen somit über eine sehr lange Iran-Erfahrung, mussten jedoch in den letzten fünf bis sechs Jahren aufgrund der Sanktionen unsere Aktivitäten einstellen. Nun wurden die Aktivitäten wieder belebt. Es gibt eine Iran ConMin (Construction and Mining Equipment), die bereits im September 2014 wieder begonnen hat. Wir haben zudem mit einer Wirtschaftsdelegation gemeinsam mit der bayerischen Wirtschaftsministerin Frau Aigner eine Reise in den Iran unternommen und hier u.a. auch die zuständigen Minister für Industrie und Handel zur bauma 2016 in München eingeladen. Es könnte somit sein, dass auch hochrangiger Besuch aus dem Iran zur diesjährigen bauma nach München anreist. Der Wegfall der Sanktionen im Iran ist für die Messe München somit insgesamt ganz sicher ein freudiges Ereignis.
ENDE.
Über Klaus Dittrich
Klaus Dittrich ist seit Januar 2010 Vorsitzender der Geschäftsführung der Messe München GmbH. Er ist in dieser Funktion für die Gesamtleitung und Koordination des Konzerns Messe München zuständig und darüber hinaus u.a. verantwortlich für die bauma 2016.